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09.01.2023
09.01.2023 08:11 Uhr

Die Fasnacht kommt aus dem Mittelalter

Das Wort Fas(t)nacht wird allgemein als die Nacht (vigilia) vor der 40 tägigen Fastenperiode gedeutet. (Symbolbild) Bild: Goldküste24
Die Fasnacht ist weder ein heidnisch-germanischer Brauch, noch geht sie auf die römischen Saturnalien und ähnliche Feste zurück. Erste Zeugnisse liegen erst aus dem späten Mittelalter vor.

Die Fasnacht hat nicht mit heidnischem oder germanischem Brauch, auch nicht mit römischen Saturnalien oder ähnlichen Festen zu tun, wie dies zuweilen behauptet wird. Ob der Brauch ein städtischer oder ländlicher war, ist nicht sicher. 

Im frühen 15. Jahrhundert bezeichnete der Basler Rat die Fasnacht als ländlichen Unfug.

Angst vor fasnächtlichem Treiben

Der erstmals in Rom im 13. Jahrhundert erwähnte carnevale leitet sich von carne levare, «Fleisch wegräumen», ab. Für die Schweiz hat man 1283 einen ersten Wortbeleg. Doch erst im späten 14. Jahrhundert bekommt die Fasnacht Bedeutung. Die Stadt Basel erscheint 1418 mit Fasnacht. Die Fasnacht war die Zeit des Überflusses vor der Fastenzeit. 

Die Fasnacht wurde überregional mit Mählern, gegenseitigen Besuchsgewohnheiten, Schau- und Heischebräuchen, sowie Wettkämpfen begangen. Bereits im 15. Jahrhundert versuchte die Obrigkeit, den Maskenlauf des gemeinen Volkes zu zügeln. Dahinter steckte die Furcht, dass die Fasnacht die Regierung gefährden könnte. Die Reformatoren verboten die Fasnacht als papistisches Treiben, doch nicht mit durchgreifenden Erfolg.

Die Fasnacht wurde wieder wichtiger

Auch die katholische Kirche verbot die Fasnacht, nachdem sie sie einst geduldet hatte. Auch die Jesuiten zogen mit den Reformierten und Katholiken mit. Die Verbote lockerten sich erst im 18. Jahrhundert, nicht zuletzt unter dem Einfluss einer patrizischen Jugend und ihrer Gewohnheiten aus dem Solddienst.

Im 19. Jahrhundert blühte der Fasnachtsbrauch in den evangelischen Gebieten auf. Träger wurden vor allem Fasnachts-Vereine und -Komitees. Die Fasnacht wurde zum mehrtägigen Programm mit Umzügen, Bällen, Spendebräuchen, Fasnachtspielen, lokalen Gestalten und Ursprungslegenden. Im 20. Jahrhundert war die Fasnacht verschieden wichtig, je nach wirtschaftlicher und weltpolitischer Situation. Immer mehr kam die Strassen-Fasnacht auf.

  • In Basel gibt es Trommler- und Pfeifenszenen zusammen mit Schnitzelbänken.
  • Luzern wurde zum Mekka der Guggenmusiken nach dem zweiten Weltkrieg und ist es bis heute.
  • Zürich feierte mit elitären Künstlermaskenbällen, Umzugs- und Vereins-Fasnacht.

Seit den 1970er Jahren dehnte sich die Fasnacht weiter auch in der evangelischen Westschweiz aus.

Die Fasnachtstermine sind beliebig, sogar im Mai kann sie stattfinden. Im Tessin gibt es immer noch die Unterschied zwischen Fasnacht nach römischem und ambrosischen Ritus. Das rührt daher, weil das Tessin bis in die erste Hälfte des 19. Jahrhunderts zur Diözese Como und Mailand gehörte. 

Die Basler Fasnacht beginnt mit dem Morgenstraich. (Symbolbild) Bild: zVg

Vertreibung der bösen Wintergeister

Die fünfte Jahreszeit wird in vielen Ländern gefeiert. Es gibt grosse regionale Unterschiede und auch verschiedene Bezeichnungen –Fasnacht, ist anderswo Fasching, Karneval, Fasnet oder Fassenacht.

Für viele spielt es keine Rolle mehr, ob es ein heidnisches oder regliöses Fest ist. Die Schweizer Fasnacht beruht wahrscheinlich auf einem Brauch der alten Germanen, die mit Furcht einflössenden Masken und höllischem Lärm die bösen Geister des Winters austreiben wollten. Sie wird in allen Regionen der Schweiz heute gefeiert.

Basler Fasnacht

Die «drey scheenschten Dääg» in Basel sind alljährlich jene der weit über die Landesgrenzen hinaus bekannten Basler Fasnacht. Jeweils um 04.00 Uhr in der Früh heisst es «Moorgestraich – Vorwärts, marsch!» Beruhend auf uraltem Brauchtum finden prächtige Umzüge statt – die Cortèges. Auf verschiedenen Routen kann man die Guggenmusiken begleiten, doch ohne «Balggedde» geht der Besucher leer aus und muss damit rechnen, mit einer rechten Portion Räppli, wie Konfetti in Basel heissen, beworfen zu werden.

Besonders beliebt ist die am Dienstag stattfindende Kinderfasnacht.

Rüüdige Lozärner Fasnacht

Die Luzerner Fasnacht dauert vom Schmutzigen Donnerstag bis am Aschermittwoch. Gewartet wird auf die Ankunft von Bruder Fritschi und seinen Begleitern. Morgens um 05.00 Uhr wird die Fasnacht mit dem Urknall eröffent. Eine farbige, kreative laute Fasnacht.

Der Mittelpunkt ist der Kornmarkt, auf dessen Bühne Bruder Fritschi den Fötzeliräge auf die Besucher niedergehen lässt.

Fasnacht in Luzern. (Symbolbild) Bild: zVg

Auch sehenswert

Sirnach TG – Himmel und Hölle
In Sirnach nehmen die Fastnächtler nicht den ganzen Ort in Beschlag. Die Veranstaltungen und Umzüge konzentrieren sich auf das Gebiet rund um die katholische Kirche. Während der närrischen Tage gibt der Gemeindeammann sein Amt an die Muschelfee ab. Ihre Wahl bildet den Höhepunkt der Fasnacht in Sirnach.

Chiasso TI – Carnevale Nebiopoli
Sechs Tage lang, beginnend am Dienstag vor Aschermittwoch, steht Chiasso Kopf. Die Stadt wird dann zur Freien Republik Nebiopoli und feiert mit viel Musik, Konfetti und originellen Masken. Am grossen Umzug nehmen auch Guggen und Wagen aus dem benachbarten Italien teil.

Zürich – Züri Carnveval
Natürlich wird auch in der Limmatstadt mit viel Guggenmusik und einem grossen Fasnachtsumzug gefeiert. Los geht’s am 12.02.16 mit der Ankunft des Narrenschiffs. Zu den beliebtesten Veranstaltungen des Züri Carnevals gehört das Monsterkonzert der Guggen, das jedes Jahr auf dem Münsterhof stattfindet.

Solothurn – Schmutziger Donnerstag/Chesslete
Schon seit rund 140 Jahren gibt es den Brauch der Chesslete: Die Chessler versammeln sich frühmorgens mit weissen Nachthemden, rotem Halstuch und Zipfelmütze auf dem Friedhofplatz. Punkt 5 Uhr ist Start. Eine Stunde lang brodelt der Ort, sind Guggen und die verschiedensten Lärminstrumente zu hören. Pfannendeckel, Kuhglocken, Rätschen und allerlei andere traditionelle Chessler-Instrumente sorgen für Stimmung. 6 Uhr wird in den Beizen ringsum eine Mehlsuppe serviert. Der Umzug findet am Sonntag statt.

Splügen GR – Pschuuri-Mittwoch
In Splügen kennt man einen aussergewöhnlichen Brauch: Am Aschermittwoch ziehen die Kinder frühmorgens um die Häuser, um Süssigkeiten zu betteln. Ledige Frauen verstecken sich und werden, ebenso wie die Kinder, von den „Pschuurirolli“ gesucht. Das sind junge, ledige Männer, die ihnen nachstellen und sie mit Asche anmalen. Diese darf bis zum Abend nicht abgewaschen werden.

Später klopfen die Pschuurirolli verkleidet und hinter Masken versteckt an die Häuser und betteln Eier. Daraus wird neben Eierspeisen der Resimäda hergestellt, ein Getränk aus Eiern, Wein und Gewürzen. Dann wird die ganze Nacht hindurch gefeiert.

Patricia Rutz/Goldküste24