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22.12.2022

Sinn des Schulsilvesters

Der Schulsilvester hatte einst Tradition – heute wird er anders gefeiert. (Symbolbild) Bild: zVg
Alle, die in der Stadt Zürich die Schule besucht haben, kennen das A und O dieses Treibens, das frühmorgendliche lärmende und übermütige Umherziehen am letzten Schultag des Jahres.

Beim Schulsilvester handelt es sich um einen Zürcher Altjahresbrauch. Am Anfang war er am Morgen des 31. Dezembers, später nach Einführung der Weihnachtsferien am 23. Dezember morgens und heute am letzten Schultag vor den Weihnachtsferien der Zürcher Schulkinder.

Der Silvester in der Stadt Zürich hat zwar Tradition, ist er doch erstmals 1775 aktenkundig. Er entwickelte sich immer mehr zu einer Fülle von aufwändigen Events; der ursprüngliche Sinn des Volksbrauchs ist praktisch niemandem mehr bekannt. Aus diesem Grund wurde beschlossen, den Tag neu zu gestalten.

Als Silvester verlacht

Am frühen Morgen schwärmten die Kinder durch die Gassen der Stadt, später auch durch die Strassen der Dörfer. Wer als letzter aufstand oder zur Schule kam, wurde als Silvester verlacht und mit einem weissen Nachthemd und einer Schlafmütze bekleidet in einem Handwagen lärmend durch die Strassen, respektive Schule gezogen.

An gewissen Orten musste er auch den Kalender für das neue Jahr bezahlen. Mit der Zeit zogen die Kinder vor dem auf 7 Uhr vorverlegten Schulbeginn lärmend durch die Strassen, um das alte Jahr zu «vertreiben».

Frühstück und Silvesterbüchlein

Während um 1920 das Treiben bereits um Mitternacht begann, wurde später der Beginn auf frühestens 5 Uhr festgelegt. Nach einem in den 1930er-Jahren sich eingebürgerten Brauch erhielten Gruppen, welche besonders laut waren oder mit einem Ständchen aufwarteten, von Bürgern, die dadurch geweckt wurden, Geschäftsleuten und insbesondere von Bäckern «Bruchstücke von Konfekt».

Die Grosszügigkeit der Geschäftsleute ging im Laufe der 1970er-Jahre merklich zurück.

Das gemeinsame Frühstück im Klassenzimmer wurde später immer mehr Sitte. Der Lärm ging mehr und mehr zurück. Ebenfalls ein Geschenk war das Silvesterbüchlein. Ab 1840 auf privater Initiative entstanden, veröffentlichte ab 1872 der Verein Zürcher Lehrer drei Versionen für die drei Schulstufen. Jahrelang wurden sie von bekannten Schriftstellern redaktionell betreut und bis 1966 herausgegeben.

Am Schulsilvester vor allem in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts wurden Autos mit Toilettenpapier eingewickelt, an fremden Türen geklingelt oder Türglocken mit Zahnstochern blockiert, Gartentörchen aushängt, Türklinken mit Zahnpasta bestrichen.

Diese Streiche arteten jedoch im Laufe der Zeit aus, insbesondere von «Nachtbuben», welche nicht mehr im Schulalter sind. Das hat mancherorts die Behörden dazu bewogen, den Schulsilvester zu verbieten, wie es 2004 geschah.

Abschaffung Schulsilvester

Im Dezember 2004 wurde der Schulsilvester in den Zürcher Quartieren abgeschafft. Der letzte Schultag sollte besinnlicher und stilvoller gestaltet werden.

Es sollte Schluss sein mit den Vandalenakten, wie damals 20 Minuten berichtete.

Für die Vorbereitungen und Begleitmassnahmen musste ein aussergewöhnlich hoher Personalaufwand betrieben werden. Vom ursprünglichen Volksbrauch wusste niemand so genau Bescheid.

Damals sollte der offizielle Unterricht von 8 bis 12 Uhr dauern, danach war es den Schulen selbst überlassen, wie sie den Jahresausklang mit ihren Schülern gestalten würden.

Patricia Rutz/Goldküste24