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Gesundheit
12.12.2022

Menschenscheibchen im Stadtspital

Chefärztin Thi Dan Linh Nguyen-Kim in der Angiographie der Interventionellen Radiologie. Bild: Stadtspital Zürich
Die Radiologie ist keine Stardisziplin und selten im Blick der Öffentlichkeit. Was macht sie aus?

Thi Dan Linh Nguyen-Kim, die im Januar ihre neue Stelle als Chefärztin Radiologie am Stadtspital Zürich antritt, und Radiologiefachmann Tobias Reckling erzählen von deren Möglichkeiten und Herausforderungen.

Das Wort «Radio» klingt ganz unverfänglich, das Wort «Radiologie» hingegen gar nicht. Man denkt dabei mit mulmigen Gefühlen an Untersuchungen in klaustrophobischen Röhren, an ohrenbetäubendes Geknatter oder gar an Bestrahlungen bei Krebserkrankungen. Auf einer Radiologieabteilung waren schon viele, das Wissen darüber ist jedoch meistens bescheiden.

Dabei spielt die Radiologie fast überall in der Medizin eine wichtige Rolle, vor allem in der Diagnostik, aber auch in der Therapie. Die verschiedenen bildgebenden Verfahren haben, parallel zur Entwicklung der Digitalisierung, zum Teil atemberaubende Fortschritte gemacht. Der menschliche Organismus wird immer differenzierter abbildbar, mehr und mehr auch in Prozessen und nicht nur in Momentaufnahmen.

Spitzenmedizin hinter bescheidener Fassade

Treffen am Empfang des Stadtspitals Zürich Waid, des kleineren der beiden unter gemeinsamer Leitung stehenden Stadtspitäler. Seine Architektur wirkt mit ihren niedrigen, lindgrün gestrichenen Bauten weniger einschüchternd als das Triemli mit seinen erratischen Hochhäusern. Aber hinter der bescheidenen Fassade verbirgt sich Spitzenmedizin genau wie im Triemli – nur liegen die Schwerpunkte woanders: bei der Altersmedizin und der Nephrologie (Nierenkrankheiten).

Durchs Haus führen mich die Radiologiechefin Thi Dan Linh Nguyen-Kim, die ab kommendem Jahr die Radiologie des gesamten Stadtspitals leiten wird, und der Radiologiefachmann Tobias ­Reckling. Am Anfang steht ein Gespräch am Bürotisch, in dem ein paar grund­legende Fragen besprochen werden.

Frau Nguyen-Kim, was bedeutet der Schwerpunkt Altersmedizin für die Radiologie hier in der Waid?

Nguyen-Kim: Wir machen Demenzabklärungen bei jüngeren und bei älteren Patienten. Bei jüngeren sollte man alles ausschöpfen, was einem zur Verfügung steht, da eine frühzeitige Diagnose essenziell ist, um den Patienten rechtzeitig in die richtigen Therapiebahnen zu lenken.

Wir sind stolz darauf, dass wir im Juli – allerdings im Triemli – das PET-CT (Positronenemissionstomographie und Computertomographie kombiniert) haben eröffnen können, einen wichtigen Baustein in der Demenzabklärung. Man sieht dort funktionelle Veränderungen (Stoffwechselveränderungen) im Gehirn, die ein gewisses Pattern (Muster) bilden, und das kann man als wichtiges Puzzleteil den konventionellen Bildern hinzufügen.

Wie entwickelt sich die Interpretation der durch die verschiedenen Techniken hervorgebrachten Bilder? Ist dafür die Forschung zuständig?

Nguyen-Kim: Am Anfang steht häufig die Forschung. Nachher folgt ein Zusammenspiel der Fachdisziplinen. Eine wichtige Basis für den Fortschritt in der Medizin – insbesondere auch in der Radiologie – beruht auf der interdisziplinären Zusammenarbeit. Wenn wir zum Beispiel einen Tumor erkennen, können wir sagen, mit welcher Wahrscheinlichkeit es welcher Tumor ist. Zusammen mit den Labor­werten und den klinischen Befunden kommt man am Ende zu einem Therapie­entschluss.

Wenn am Ende etwas herausoperiert wird, geht das an den Pathologen, der es sich genau ansieht und uns dann mitteilt, was es ist. Wir können so für uns überprüfen, ob wir richtig lagen. Wir vergleichen dann unseren Befund mit den Ergebnissen aus der mikroskopischen Untersuchung. Es ist dieses Wechselspiel, aus dem wir über all die Jahre dazulernen, und zwar weltweit.

Die neue Chefärztin Radiologie des Stadtspitals Zürich, Thi Dan Linh Nguyen-Kim. Bild: Stadtspital Zürich

PD Dr. med. T. D. L. Nguyen-Kim

Thi Dan Linh Nguyen-Kim, 1978 in Südvietnam geboren, wuchs in Deutschland auf. Ihre Ausbildung ­absolvierte sie in Aachen und Mönchengladbach. Seit 2008 ist sie am Universitätsspital Zürich (USZ) tätig, zuerst als Fachärztin Radiologie, ab 2014 als Oberärztin. Viele Jahre lang betreute sie am Netherlands Cancer Institute etliche Forschungsprojekte. 

2018 habilitierte sie sich an der Universität Zürich, 2019 erhielt sie die Venia legendi. Im April dieses Jahres wurde sie Chefärztin Radiologie am Stadtspital Zürich Waid. Am 1. Janu­ar 2023 übernimmt sie diese Funktion für das gesamte Stadtspital.

Technologische Quantensprünge

Nun beginnt der Rundgang. Tobias Reckling weist uns den Weg durch diese Welt cremeweisser Apparate, bizarrer Computerbilder und blauer Leibchen hier im Parterre der Waid.

Reckling: Wir fangen mit dem Röntgen an. Die Röntgentechnologie hat sich ex­trem entwickelt, vom Röntgenfilm über Speicherfoliensysteme bis zur vollen Digitalität. Dank Detektoren haben wir das Bild heute in kürzester Zeit direkt auf dem Monitor, während man früher mit dem Röntgenfilm in die Dunkelkammer musste. In der Schweiz sind inzwischen alle Spitäler digital, es gibt aber noch Hausarztpraxen, die mit Filmfolien arbeiten. Das Entscheidende ist, dass wir sehr viel Dosis einsparen: Sie hat sich um ein Hundertfaches reduziert. In den Detektoren sind Kristalle, die viel sensitiver auf Strahlung reagieren. Wir haben auch einen Detektor zum Umhertragen, damit können wir Patienten im Bett röntgen.

Hat dieser Quantensprung in der Röntgentechnologie auch Kostenfolgen? Ist Röntgen viel teurer geworden?

Reckling: Röntgenfilme sind sehr teuer, sie haben echtes Silber drin. Auch die ganze Chemie muss eingekauft und entsorgt werden. Ich glaube, wir haben gerade durch die digitalen Systeme massiv Kosten eingespart. Die Digitalisierung hat uns ausserdem ermöglicht, grosse Bilddatenmengen zu verarbeiten und für die Diagnostik zur Verfügung zu stellen. Dies ist insbesondere wichtig für die Bildgebung bei der Computer- und der Magnetresonanztomographie. Hier haben wir nun gleich zwei dieser Geräte: auf der rechten Seite den MRT, er macht gerade ziemlich Lärm; auf der linken Seite den CT. Im MRT untersuchen wir einen Schädel. Bei der Patientin haben wir heute Morgen einen Abszess entdeckt, nun machen wir notfallmässig eine MRT, um das genauer abzuklären.

Was ist nun das Besondere an dieser ­Darstellung, sodass man einen Abszess erkennen kann?

Nguyen-Kim: In dieser Sequenz sehen wir den Eiter als dunkle Fläche; aussen herum versucht der Körper, das fremde Material zu bekämpfen, weshalb das Gewebe mehr durchblutet ist; diese Stellen sind hell. Hell wirkt es, weil wir in die Venen etwas hineingespritzt haben, was magnetisch ist.

Tobias Reckling (stehend), Jahrgang 1983, arbeitet seit 2015 als Radiologiefachmann am Stadtspital Zürich Waid. Hier blickt er auf MRT-Bilder von einem Abszess im Gehirn. Bild: Tobias Hoffmann

Reckling: Hier beim CT legen die Kollegen gerade einen venösen Zugang, durch den dem Patienten Kontrastmittel gespritzt wird. Dieses dient dazu, die Durchblutung darzustellen, in diesem Fall des Bauches, wo wir nach einer Entzündung ­suchen. Der Patient hatte bei der Notaufnahme Entzündungsparameter im Blut, er ist wahrscheinlich wegen Schmerzen ins Spital gekommen. Wir können nun Veränderungen der Durchblutung oder eingelagerte Flüssigkeit nachweisen.

Und Ihre Aufgabe als Radiologin ist dann die Interpretation der Bilder?

Nguyen-Kim: Ja, das ist eine der Hauptaufgaben. Wesentlich ist aber auch die Anordnung eines Protokolls, damit die bestmögliche Untersuchung «gefahren» wird, um die eingangs gestellte Frage zu be­antworten. Sie sehen, hier ist alles nah beieinander, man kann sich immer auch helfen. Das ist das Schöne in diesem ­Spital.

Reckling: Im MRT darf niemand Unbefugter rein, und auf keinen Fall metallische Gegenstände. Wenn ich mit meiner Uhr hineinlaufe, ist sie kaputt, wenn ich mit meinem Handy hineingehe, sind die Daten gelöscht. Das Magnetfeld dort drin ist bis zu 15 000 Mal stärker als jenes der Erde. Es gibt pro Jahr mehrere Todesfälle, weil die Sicherheitsmassnahmen nicht eingehalten werden – nicht in der Schweiz, aber weltweit. Wenn man zum Beispiel Sauerstoffflaschen zum MRT hineinbringt, werden sie zum Geschoss. Menschen werden eingeklemmt, weil ein Bett hereingefahren wird. Wir haben schon den Fall gehabt, dass ein Wäschekübel am Gerät haftete; wir brauchten sechs Personen, um ihn davon zu lösen. Was wir jetzt noch nicht gesehen haben, ist der Ultraschall.

Ich habe vor einer Weile die Schilddrüse untersuchen lassen. Das ist wohl ein klassischer Fall für den Ultraschall?

Nguyen-Kim: Im Ultraschall kann man sehr gut das Weichteilgewebe beurteilen. Und die Schilddrüse besteht ganz aus Weichteilgewebe.

Ultraschall ist also kein Auslaufmodell?

Reckling: Ultraschall ist überall und superschnell verfügbar, die meisten Kliniker können sogar selber schallen und kommen so schnell an ihre ersten groben Diagnosen. Der grosse Vorteil des Ultraschalls ist, dass vollständig ohne Strahlenbelastung gearbeitet werden kann.

Wie sieht es mit der Konkurrenz zwischen den beiden Spitälern aus?

Reckling: Das Konkurrenzdenken gegenüber dem Triemli habe ich erlebt. Es musste zuerst einmal ein Wandel stattfinden, und der hat ein, zwei Jahre gedauert. Jetzt aber sind wir eine Radiologie. Auf den 1. Januar stellen wir unsere Software um, sodass wir untereinander barrierefreien Austausch haben. Ein riesiges Projekt, bei dem wir eng zusammenarbeiten.

Nguyen-Kim: Wichtig ist, dass jeder gerne zur Arbeit kommt. Hilfreich dabei ist die Standortidentifikation. Jeder hat ein anderes Naturell; das sollte man berücksichtigen und unterstützen. Wir haben eine junge Generation, die mehr Action verlangt, und diese jungen Leute wollen auch zwischen den Standorten wechseln.

Reckling: Auch beim Thema Ausbildung arbeiten wir zusammen, und die Studierenden hier und dort organisieren ­Teachings, die hausübergreifend statt­finden.

Das fusionierte Stadtspital

Die Stadt Zürich eröffnete 1953 an der Waid ein städtisches Spital – ein Novum in der Schweiz –, um aus eige­ner Initiative der Bettennot zu begegnen. 1970 folgte das Triemli auf der anderen Seite der Stadt. 2019 wurden die beiden vorher unabhängigen Spitäler fusioniert.

PD Dr. med. Thi Dan Linh Nguyen-Kim in der Sprechstunde. Bild: Stadtspital Zürich

Am Stadtspital scheint also Aufbruchstimmung zu herrschen. In einem separaten, schriftlich geführten Interview habe ich Frau Nguyen-Kim noch folgende Frage gestellt, die, als Ausblick in die Zukunft, das Schlusswort bilden soll:

Welchen Aufgaben sehen Sie in den nächsten Jahren entgegen?

Nguyen-Kim: Die Entwicklungen zeigen, dass in der Radiologie die Arbeit im Netzwerk mit verschiedenen Standorten die Zukunft ist. Dadurch können Synergien im Sinne des betriebswirtschaftlichen Einsatzes von Ressourcen optimal genutzt und gefördert werden. Ziel des ­Instituts für Radiologie und Nuklear­medizin des Stadtspitals Zürich ist der Service am Patienten durch schnelle ­Termine und durch Ausbau des Angebotsspek­trums. Das Institut ist ein wichtiger Partner innerhalb des zertifizierten Tumor­zen­trums des Stadtspitals Zürich und wird sein Angebot innerhalb der Subspezialisierungen verstärkt ausbauen, sowohl in der Diagnostik als auch in der Therapie.

CT und MRT (MRI)

Bei der Computertomographie (CT) rotiert der Röntgenstrahl in einer Ebene um den liegenden Patienten herum, während dieser durch die CT-Röhre gefahren wird, und bildet die Organschicht in allen Richtungen ab. Gemessen wird die Abschwächung des Röntgenstrahls beim ­Passieren des Körpers. Errechnet wird ein dreidimensionales Röntgenbild, das am Computer z. B. in zweidimensionalen Schichten gelesen werden kann. 

Die Magnetresonanztomographie (MRT, auch MRI) hingegen verwendet keine Röntgenstrahlen. Sie erzeugt mithilfe eines starken Magneten und eines Hochfrequenzempfängers Schnittbilder des Körpers (die «Scheibchen» des Titels) mit hervorragendem Weichteilkon­trast, die eine Unterscheidung zwischen gesundem und krankem Gewebe ermöglichen.

Vertiefendes Interview mit PD Dr. med. Thi Dan Linh Nguyen-Kim

 (Das Interview wurde schriftlich geführt. Die Fragen stellte Tobias Hoffmann.)

Frau Nguyen-Kim, das Institut, das Sie ab dem 1. Januar 2023 leiten werden, nennt sich «Institut für Radiologie und Nuklearmedizin». Was haben die beiden Bereiche miteinander zu tun?

Sowohl die Radiologie als auch die Nuklearmedizin sind bildgebende Fachbereiche und eng miteinander verwandt, auch wenn sich die zugrunde liegende Technik unterscheidet. Aus diesem Grund sind die beiden Fachbereiche im Stadtspital Zürich innerhalb einer Abteilung vereint. Auch in anderen Häusern sind das oft keine getrennten Abteilungen.

Bei der Nuklearmedizin denkt man wohl zuallererst an die berüchtigten «Bestrahlungen» bei Krebserkrankungen.

Bestrahlungen werden in der Radioonkologie/Strahlentherapie durchgeführt und nicht in der Nuklearmedizin. Die Nuklearmedizin ist ein diagnostisches und therapeutisches Fach. In der diagnostischen Nuklearmedizin geht es darum, durch die Beobachtung des Stoffwechsels in Echtzeit Erkrankungen und Funktionsstörungen nachzuweisen und das Ansprechen auf die Behandlungen zu beobachten. Das geschieht, indem für die Erkrankung oder den Stoffwechsel des betroffenen Organs spezifische Biomoleküle schwach radioaktiv markiert werden und deren Verhalten im Körper mit den Geräten der Nuklearmediziner beobachtet und in Bildern darge­stellt wird. Dies geht für alle Organsysteme von Kopf bis Fuss, zum Beispiel zur Demenz­abklärung des Gehirns, bei Schilddrüsenfunktionsstörungen, bei Erkrankungen der Herzkranz­gefässe und bei vielen Krebserkrankungen. Die therapeutische Nuklearmedizin nutzt das gleiche Prinzip, um therapeutisch wirksame radioaktive Substanzen gezielt an den Ort der Krankheiten zu bringen und selektiv zu behandeln und dabei das umliegende gesunde Gewebe soweit wie möglich zu schonen. Klassische Beispiele sind die Behandlung von gut- und bösartigen Schild­drüsenerkrankungen, entzündliche Gelenkserkrankungen und schmerzhafte Knochenmetastasen von bestimmten Krebsarten. Ich bin überzeugt, dass in Zukunft die therapeutische Nuklear­medizin bei der gezielten Behandlung von Krebserkrankungen eine immer grössere Rolle spielen wird.

Ich habe selbst als Patient schon sowohl ein MRT, ein CT wie auch einen Ultraschall erlebt. Was sind die Stärken und Möglichkeiten der verschiedenen Verfahren, und wann kommen sie zum Einsatz?

Bei den bildgebenden Verfahren kann man generell unterscheiden zwischen Untersuchungs­techniken ohne Verwendung von Röntgenstrahlen wie die Ultraschalluntersuchung und die Magnetresonanztomographie (MRT) sowie solche unter Verwendung von Röntgenstrahlen, die beim klassischen Röntgenbild und bei der Computertomographie (CT) zur Anwendung kommen. Die Ultraschalluntersuchung hat einen besonderen Stellenwert in der Diagnostik von inneren Organen, insbesondere bei Kindern, sowie auch bei schwangeren Patientinnen. Die Haupt­anwendung des klassischen Röntgenbildes findet sich auch heutzutage auf dem Notfall, um etwa eine Fraktur auszuschliessen. Der Vorteil von CT und MRT ist, dass man überlagerungsfreie Schichtbilder erzeugen und dadurch ein ganzes 3-D-Volumen beurteilen kann. Die CT-Bild­gebung ist die bevorzugte Untersuchung im Notfall, da schneller. Die MRT dauert etwas länger und ist somit weniger für den Notfall geeignet, wird aber mehr für die Differenzierung unklarer Befunde angewandt, da man hier die Weichteilstrukturen besser beurteilen kann.

Ist Radiologie immer eine eher zudienende Disziplin, oder übernimmt sie manchmal auch die Hauptrolle?

Die moderne Radiologie ist heutzutage Bildgebung, um bei der Diagnostik zu helfen und hat zudem eine wichtige Rolle bei der sogenannten Interventionellen Radiologie. Anhand konventio­neller radiologischer minimalinvasiver Verfahren kann die*der interventionelle Radiolog*in die akute behandlungsbedürftige Pathologie sowohl darstellen und sofort therapeutisch behandeln, ein Beispiel hierfür sind akute periphere Gefässverschlüsse oder akute Blutungen. Die Inter­ventionelle Radiologie hat eine zunehmend tragende Rolle in der minimal­invasiven Behandlung, sei es bei der minimalinvasiven therapeutischen Schmerztherapie oder der gezielten lokalisierten Behandlung von Tumoren oder Metastasen bei Krebspatient*innen. Im Institut für Radiologie und Nuklearmedizin des Stadtspitals Zürich wird beides unter einem Dach angeboten: Diagnostik und Therapie.

Ihre besondere Expertise liegt offenbar bei der «onkologischen Bildgebung» und der «Thoraxradiologie». Können Sie uns erklären, was die Besonderheiten dieser Bereiche sind?

In beiden Subdisziplinen geht es insbesondere um exakte Mustererkennung des radiologischen Bildes. Diese ist essenziell für die exakte Diagnose und von besonderer Bedeutung auch in der Beurteilung eines Tumors im Verlauf unter Therapie, insbesondere im Falle neuer Immun­therapien. Bei der Lunge geht es beispielsweise um die frühzeitige Erkennung von möglichen fibrotischen Lungengerüstveränderungen und um Strukturveränderungen im Lungenparenchym unter der Therapie. Es ist zu betonen, dass neben der fachlichen Expertise sowohl in der Thorax­radiologie als auch in der onkologischen Bildgebung ein wichtiges Fundament die enge inter­disziplinäre Zusammenarbeit mit den unterschiedlichen Fachdisziplinen wie der Onkologie, Pneumologie, Chirurgie und Pathologie ist. Dieser wertvolle Austausch wird im Stadtspital Zürich tagtäglich gelebt.

Sie waren noch im März dieses Jahr Oberärztin am Institut für Diagnostische und Inter­ventionelle Radiologie am Universitätsspital Zürich. Auf den 1. April sind Sie zur Leiterin der Radiologie am Stadtspital Waid berufen worden und nun bereits zur Chefärztin Radiologie und Nuklearmedizin des gesamten Stadtspitals. Wie verändert dieser schnelle Aufstieg Ihr Aufgabengebiet?

In meiner langjährigen Tätigkeit als Oberärztin im Institut für Diagnostische und Interventionelle Radiologie am Universitätsspital Zürich (USZ) habe ich mehrere Leitende Funktionen von Be­deutung ausgeübt. Besonders hervorzuheben ist meine Leitung der Task Force für das radio­logische Assessment des Therapieansprechens von Krebspatient*innen. Meine Arbeitsgruppe betreute über 100 interdisziplinäre onkologische Studien. Im Rahmen meiner Führungstätigkeit war ich direkt verantwortlich für Personal, Finanzen und Vertragswesen. Mein Team garantierte in enger Kollaboration mit dem Institut für Nuklearmedizin am USZ eine hohe fachliche Dienst­leistungsqualität für die Behandlung von Krebspatient*innen.

Meine klinische Laufbahn ist geprägt durch einen grossen interdisziplinären Austausch. Dabei ist es mir wichtig, nachhaltige Arbeitsprozesse zur Zufriedenheit der Zuweisenden zu etablieren bei gleichzeitiger Erhaltung höchster fachlicher Qualität zur Sicherstellung eines exzellenten Ver­sorgungsniveaus zum Wohle der Patient*innen.

In meiner Position als Chefärztin und Standortleiterin des Instituts für Radiologie und Nuklear­medizin des Stadtspitals Zürich am Standort Waid habe ich grosse Freude in der Zusammen­arbeit mit meinem Team im klinischen Alltag, wobei mir eine umfassende Einsicht auf allen Ebenen der Dienstleistung, über bestehende Organisationsabläufe sowohl im Routinebetrieb und im Notfallbetrieb wichtig ist. Dabei ist mir ein achtsamer, respektvoller und wertschätzender Umgang mit meinen Mitarbeitenden und der nachhaltige kollegiale Umgang mit den übrigen Fachdisziplinen sehr wichtig.

Welchen Herausforderungen sehen Sie in Ihrer neuen Funktion in den nächsten Jahren entgegen? Welche Veränderungen in der Radiologie erwarten Sie für die kommende Zeit?

Die bereits stattfindenden Entwicklungen innerhalb als auch ausserhalb der Schweiz zeigen, dass in der Radiologie die Arbeit im Netzwerk mit verschiedenen Standorten die Zukunft ist. Dadurch können Synergien im Sinne des betriebswirtschaftlichen Einsatzes von Ressourcen innerhalb des Netzwerkes optimal genutzt und gefördert werden. Ziel des Instituts für Radiologie und Nuklear­medizin des Stadtspitals Zürich mit zwei Standorten ist der Service am Patienten durch schnelle Termine und durch Ausbau des Angebotsspektrums. Im Sommer dieses Jahres wurde das neue PET/CT am Triemli in Betrieb genommen, neue Geräte werden im Laufe des nächsten Jahres hinzukommen, darunter ein zweites CT-Gerät am Waid. Das Institut für Radiologie und Nuklearmedizin ist ein wichtiger Partner innerhalb des zertifizierten Tumorzentrums des Stadt­spitals Zürich und wird sein Angebot innerhalb der Subspezialisierungen verstärkt ausbauen, sowohl in der Diagnostik als auch in der Therapie.

Tobias Hoffmann/Goldküste24